Wieso ist heute kalendarischer Herbstanfang? Über Sonne, kürzeste Dämmerung und mystische Stätten
Heute, am 22. September 2009 um 23:18 Uhr MESZ beginnt auf der Nordhalbkugel der Herbst. Damit herrscht heute Tagundnachtgleiche, das so genannte Äquinoktium. Gleichzeitig ist es auch der Tag, an dem (zusammen mit dem Frühlingsanfang) die Dämmerung am kürzesten währt. Hier finden Sie eine Zusammenfassung einiger Informationen und Mythen.
Eines ist beim Äquinoktium dabei sowohl auf der Nord-, als auch auf der Südhalbkugel gleich. Denn egal, ob Herbst- oder Frühlingsbeginn, ob Nordpol, Europa, Australien oder Südpol, überall auf der Welt dauern Tag und Nacht etwa 12 Stunden. Das liegt an der Neigung der Erdachse gegenüber der scheinbaren Zugbahn der Sonne (von der Erde aus gesehen), genannt Ekliptik.
Denn schneidet der Himmelsäquator die Ekliptik, so bescheint die Sonne genau die Hälfte der Erde. Danach neigt sich im Nordherbst die Erde mit ihrer Drehachse scheinbar mit ihrer Nordhalbkugel von der Sonne ab, dadurch werden die Nächte länger als die Tage, auf der Südhalbkugel ist es dementsprechend umgekehrt (Abb. 3). Zur Vergegenwärtigung hilft auch folgendes
Video von National Geographic (engl.)
Zeitpunkt der kürzesten Dämmerung
Was man in diesen Tagen auch bemerkt, ist dass es bereits kurz nach Sonnenuntergang (Abb. 4) dunkel wird, während um den Sommer- bzw. Winteranfang die Dämmerung wesentlich länger dauert. Dies kann man sich durch die Steigung der scheinbaren Sonnenbahn vergegenwärtigen. Eine (für unsere Breiten übertriebene) Skizze hierzu findet sich in Abb. 5.
Die drei weißen Linien stellen dabei unseren Horizont dar. Wir sehen, dass sich die Sonne im Sommer für den Beobachter häufiger über als unter dem Horizont aufhält, gleichzeitig ist sie näher an ihrem Umkehrpunkt hin zum Sonnenaufgang, die Steigung der Kurve wird also geringer. Analog sieht es im Winter aus: Die Sonne befindet sich länger unter als über dem Horizont, ist bei Sonnenauf- bzw. -untergang aber ebenso nah an ihrem Umkehrpunkt, auch hier ist die Steigung gering.
Die maximal Steigung der scheinbaren Sonnenbahn ergibt sich genau zwischen diesen beiden Maxima bzw. Minima, und das ist genau das Äquinoktium. Dementsprechend werden heute nach Sonnenuntergang besonders schnell die Sterne sichtbar.
Mystische Stätten zur Tagundnachtgleiche
Chichén Itzá
Viele Mythen ranken sich um Bauwerke alter Kulturen, denen nachgesagt wird, dass sie schon damals nach dem Lauf der Sonne ausgerichtet waren. Heute wird es wohl, wie im obigen Video ebenfalls zu sehen, auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán wieder eine Menge Menschen aus aller Welt zu der Ruinenstätte Chichén Itzá der Maya-Kultur ziehen.
Hier befindet sich "El Castillo", eine als "das Schloss" bezeichnete Stufenpyramide (Abb. 6). Sie ist so ausgerichtet, dass sich zur Tagundnachtgleiche eine Seite der Pyramide beinahe vollständig im Schatten versinkt, wobei nur noch die Treppe angestrahlt wird, auf die sich die Stufen der Pyramide als Schattenumriss darstellen. Dieses wellenförmige Muster vereinigt sich dann im Tagesverlauf mit einer Schlangenkopfdarstellung am Fuße der Pyramide, dadurch entsteht insgesamt ein eindrucksvolles Bild einer gefiederten Schlange. Ob dies beabsichtigt oder Zufall ist, ist jedoch bis heute nicht nachgewiesen.
Stonehenge
Etwas eindeutiger sind die Anzeichen dagegen schon bei dem neolithischen Bauwerk Stonehenge in der Nähe von Avebury in England. Die großen, aufrecht stehenden Steine, genannt Megalithe, sind nach dem Stand der Sonne ausgerichtet. Es wird stark vermutet, dass es sich bei Stonehenge um eine Art Observatorium des Altertums handelt. So genannte Königspriester haben wohl damit Tagundnachtgleichen sowie Mondfinsternisse vorhergesagt und das Leben in der Landwirtschaft unterstützt, die die besten Zeitpunkte für Aussaat und Ernte benötigte. Stonehenge ist ebenso wie Chichén Itzá außerdem Treff- und Magnetpunkt der okkulten Szene.
Externsteine
Man muss aber gar nicht so weit fahren. In Deutschland nimmt man ähnliches wie für Stonehenge auch für die Externsteine in der Nähe von Horn-Bad Meinberg (Abb. 8) an. Diese Sandstein-Feldformation im Teutoburger Wald soll ebenso als altertümlicher Kalender und Anbetungsstätte gedient haben. Auch hier werden heute einige Anhänger aus esoterischen Kreisen erwartet. Erst kürzlich wurde vom Astronom und Mathematiker Wolfhard Schlosser die Annahme gefestigt, dass durch Sonne und damit Schattenwurf die Sonnenwende sowie Tagundnachtgleiche bestimmt wurden.
Hinweis:
Die Abb. 6 unterliegt der CC-by-sa Lizenz