Medicane bedroht Griechenland

Zwischen der Ägäis und dem Ionischen Meer tobt derzeit ein hurrikanähnlicher Wirbel, ein sogenannter Medicane, mit kräftigen Winden und Regenfällen.

Orkanböen, Flutwellen und sintflutartige Regenfälle

In den vergangenen zwei Tagen formierte sich der kräftige Tiefdruckwirbel namens SORBAS über dem Seegebiet zwischen Peloponnes und Süditalien und sorgte dabei bereits für kräftige Winde. Der Fährverkehr war dadurch schon stark eingeschränkt, da viele Fähren im Hafen blieben. Nun kommt er am Wochenende aber völlig zum Erliegen, da das Tief eine östliche Zugbahn eingeschlagen hat und am Samstagmorgen und -vormittag teils mit Orkanböen von 120 km/h Teile von Griechenland erreicht. Besonders betroffen sind die Halbinsel Peloponnes und die Mittelmeerinsel Kreta, welche auch beliebte Urlaubsziele sind. Dort werden Flutwellen von 7 bis 10 Meter Höhe erwartet. Der Zivilschutz warnte die Bevölkerung eindringlich „in den nächsten Tagen nicht auf die Straßen zu gehen, wenn es nicht absolut notwendig ist“.

Das Problem sind nicht nur allein die Windböen, sondern auch die kräftigen Regenfälle, die von dem Medicane (Mediterranean Hurricane - zu Deutsch: Mittelmeer-Hurrikan) ausgehen. Bis Montagmorgen können somit Niederschlagsmengen von über 200 Liter pro Quadratmeter zusammenkommen, wie aus den Abbildungen ersichtlich wird. Dies hätte unter Umständen schwere Überschwemmungen zur Folge. Im Gegensatz zu den heftigsten Windböen und Flutwellen werden die Regenfälle auch weitaus größere Teile von Griechenland betreffen, da das Tief mit seinem Kern nur langsam über die Ägäis nach Nordosten zieht. 

Am Montag zieht das Tief dann nach Nordosten über das Schwarze Meer ab und das Wetter beruhigt sich.

Medicane – ein tropensturmähnliches Phänomen

Medicanes wurden erstmals im Jahr 1980 mithilfe von Satellitenbildern entdeckt. Dabei handelt es sich um Tiefdruckgebiete über dem Mittelmeer, die ein "wolkenfreies Auge" ähnlich wie bei einem Hurrikan über dem Atlantik oder einem Taifun über dem Pazifik haben. Somit wirbeln Wolken und Regenbänder um einen Mittelpunkt herum. Der Unterschied zu Hurrikans oder Taifune besteht aber vor allem in der räumlichen Ausdehnung und der Stärke des Sturmwirbels. Während letztere nicht selten einen Gesamtdurchmesser von 1500 km aufweisen und Windgeschwindigkeiten von weit über 200 km/h bringen, reicht die horizontale Ausdehnung eines Medicanes bis zu 300 km und die Windgeschwindigkeiten betragen meist zwischen 90 und 120 km/h, was in etwa einem kräftigen Herbst- oder Wintersturm hierzulande gleichkommt. Hurrikans weisen auch eine erheblich längere Lebensdauer im Vergleich zu Medicanes auf, die in der Regel nur wenige Tage, teilweise auch nur ein paar Stunden betragen kann.

Das warme Mittelmeer liefert zu dieser Jahreszeit genug Feuchtigkeit, die durch in höher gelegenen kälteren Luftschichten gelangt und schließlich zu Wolken kondensiert, die sich in einem Strudel formieren. Solche Strudel können im gesamten Winterhalbjahr auftauchen, ihre Hochsaison haben sie allerdings im Herbst.

Breits im Jahr 2015 zog ein Medicane über Sardinien und Korsika hinweg. Es kam zu großen Überschwemmungen. Im östlichen Mittelmeer sind Medicanes jedoch eher selten