Tornados in Deutschland

Tornados gibt es nicht nur in den USA, auch in Deutschland sind sie häufiger als gedacht... eine Übersicht

Tornados, bei uns oft auch Windhosen genannt, stellen in Deutschland immer noch ein deutlich unterschätztes Phänomen dar. Nach den Tornadomeldungen, die bei uns eingingen, wollen wir einmal eine kurze Zusammenfassung über Tornados in Deutschland darstellen.

Vorkommen

Tornados treten in vielen Regionen der Erde auf. Besonders in den mittleren Breiten können sie sich bilden. Die stärksten und verheerendsten Tornados werden in der so genannten Tornado Alley im Mittleren Westen der USA, in Bangladesch und in Teilen Europas beobachtet. Europaweit ist besonders ein Streifen von Nordfrankreich über Benelux und die Nordhälfte Deutschlands bis nach Polen, den Baltischen Staaten, Weißrussland und Russland betroffen. Insgesamt werden in Europa pro Jahr etwa 300 Tornados registriert, die Dunkelziffer ist hoch. 

In Deutschland ziehen in jedem Jahr mehrere Dutzend Tornados über das Land. Die genaue Zahl steht noch lange nicht fest. Bei uns ist die Zahl der registrierten Tornados in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, seit den späten 1990er Jahren deutlich angestiegen. Der Hauptgrund für den markanten Anstieg dürfte in der wieder auflebenden Tornadoforschung in Deutschland zu suchen sein. Das steigende Interesse der Medien und der Bevölkerung, die Verbreitung von Handys und Digitalkameras sowie des Internets sind weitere Gründe. Ob sich Zahl und Stärke von Tornados durch den Klimawandel verändern, ist nicht bekannt.

Schäden

Die Schäden durch Tornados in Deutschland gehen jährlich weit in die Millionen. Dabei sind die meisten Tornados hier wie auch in den USA nur schwach und richten kaum Schäden an. Nur wenige sind so stark, dass sie innerhalb einer Schneise nahezu alles zerstören. Diese Schneise kann etwa zwischen 20 und mehreren 100 Metern breit sein, in Extremfällen auch einen Kilometer und mehr. Die Lebensdauer eines Tornados beträgt zwischen einigen Sekunden und mehr als einer Stunde. Dabei legt er eine Strecke von wenigen Metern bis manchmal einigen Dutzend Kilometern zurück.

Wetterstationen werden sehr selten von Tornados direkt getroffen. Bei einem Volltreffer durch einen sehr starken Tornado dürfte von der Station auch nicht viel übrig bleiben. Das dichte Stationsnetz von MeteoGroup brachte bisher drei Treffer hervor: Am 19.08.2002 meldete die Station auf der Nordseeinsel Pellworm in einem Tornado einen Spitzenwert von 152 km/h, am 29.07.2005 wurden im sächsischen Erlabrunn 161 km/h gemessen und am 25.06.2008 waren es in Wertheim-Bestenheid 180 km/h. Über diesen Wertheimer Stadtteil war ein Tornado der Stärke F2 hinweg gezogen.

Entstehung

Besonders häufig entstehen Superzellen und daraus hervorgehende Tornados, wenn sich im Sommerhalbjahr eine Südwestwetterlage mit hohem Luftdruck über Südost- und Osteuropa und tiefem Druck über dem Ostatlantik einstellt. Dann kann bodennah feuchtwarme Luft aus Südwesteuropa zu uns gelangen und zwischen Hoch und Tief weht in der Höhe ein starker Südwestwind. Sind die Temperaturgegensätze zwischen dem Boden und der Luft z.B. in 5 km Höhe ausreichend groß, entstehen Schauer und Gewitter. Der starke und idealerweise aus einer etwas anderen Richtung wehende Höhenwind versetzt die aufsteigende Luft in Rotation, es entsteht eine so genannte Mesozyklone, ein kleinräumiges Tief. Bei solchen Wetterlagen kommt es häufiger vor, dass gleich mehrere Tornados in Deutschland entstehen. So gab es am Montag und Dienstag mehrere Tornadoverdachtsfälle, in Parchim und bei Halle (Westfalen) gab es dabei zwei bestätigte Sichtungen. 

Tornados müssen aber nicht im Bereich von Superzellen entstehen, auch schwächere Gewitter oder sogar Schauer ohne Blitz und Donner können ausreichen. Diese Nicht-mesozyklonalen Tornados sind bei uns in Deutschland sogar recht häufig, möglicherweise sogar häufiger als die Superzellen-Tornados. Sie können entstehen, wenn ausreichend Labilität und am Boden eine Konvergenz vorhanden sind. Strömt die Luft bodennah zusammen, steigt sie lokal eng begrenzt rasch auf und es kann ein Tornado entstehen. Die meisten Wasserhosen bilden sich im Bereich solcher Konvergenzlinien, an denen manchmal gleich drei oder mehr Tornados in einer Reihe vorkommen können. Nichtsuperzellige Tornados erreichen selten die Stufe F3 auf der Fujita-Skala.

Ein bisher kaum bekanntes Phänomen sind Tornados, die im Bereich von Winterstürmen entstehen. Mit oft extrem starkem Höhenwind und feuchtmilder Luft können sie optimale Bedingungen für die Tornadoentstehung liefern

Warnungen

In begrenztem Maße sind Warnungen auch vor Tornados möglich. Die einzelnen Gewitterzellen werden von den Meteorologen per Radar verfolgt und Dopplerradardaten können Hinweise auf vorhandene Rotation und das Auftreten einer Superzelle geben. Sind diese konkret genug oder werden sogar durch Augenzeugenbeobachtungen gestützt, erfolgt eine Tornadowarnung für den unmittelbaren Gefahrenbereich. Die Vorwarnzeiten liegen meist im Bereich von wenigen Minuten, in seltenen Fällen auch bei etwa 20 Minuten.