Erklärung für das Schnee-Chaos in NRW und im Saarland

Am Montag wurden einige Autofahrer kalt erwischt: Durch teils stundenlange Starkschneefälle gab es teils chaotische Zustände. Warum?

Da staunten und fluchten viele Autofahrer am Montag in einigen Regionen vor allem Nordrhein-Westfalens und später des Saarlandes nicht schlecht: teils stundenlang anhaltende Starkschneefälle verwandelten die Landschaft in ein Wintermärchen - oder einen Glätte-Albtraum auf den Straßen. Ein paar Kilometer weiter schien zeitweise die Sonne auf grüne Wiesen. Was war denn da los?

Chaos im Berufsverkehr in NRW

Zunächst sorgten starke Schneefälle vor allem in Nordrhein-Westfalen passend zum montäglichen Berufsverkehr für teils chaotische Verhältnisse. Dicke Flocken wirbelten durch die Luft und sorgten zunächst für weiße Wiesen und Bäume, allerdings kurz danach auch für matschig-glatte Autobahnen. Vor allem die Haupt-Pendlerstrecken im Düsseldorf-Kölner Raum und im Kreis Mettmann bis hinein ins Bergische Land waren betroffen. So brauchte man auf der A3 am Montagmorgen zwischen Oberhausen und Hilden bei 25 km Stau über eine Stunde länger, auf vielen anderen Autobahnen in der Umgebung sah es ähnlich aus. In Düsseldorf entgleisten mehrere Straßenbahnen, zwei Busse rutschten in den Graben, und am Flughafen Düsseldorf kam es zu Verspätungen. 

Die Schneehöhen, die daraufhin aus NRW gemeldet wurden, variierten stark. Vor allem in der Nordhälfte gab es nur noch vereinzelt etwas Schnee, in der Südhälfte waren die Höhen sehr unterschiedlich zwischen null und 18 cm (Wipperfürth-Gardeweg), auf dem Kahlen Asten lagen 24 cm. Das folgende Video aus Wuppertal-Küllenhahn spricht Bände:

Auch im Saarland teils chaotische Zustände

Im Laufe des Vormittags kam es dann zu ähnlichen Bedingungen im Südwesten des Saarlandes. Im Laufe des Vormittags kamen dabei kräftige Schneefälle auf, die teils stundenlang andauerten und dafür sorgten, dass die Winterdienste ihre wahre Mühe hatten, der Schneemassen Herr zu werden. Bis um 14:30 Uhr meldete die Polizei 117 Einsätze, die witterungsbedingt waren mit 75 Unfällen und 42 liegengebliebenen LKW. In höheren Lagen wurden einige Bushaltestellen nicht mehr angefahren. Der folgende Bericht des SR Fernsehens gibt einen kleinen Eindruck:

Wie kam es zu diesen Schneeschauern?

Wie kommt es, dass in Saarbrücken dicke Flocken vom Himmel wirbelten und wenige Kilometer weiter die Sonne auf grüne Wiesen schien? Zwei Hauptfaktoren waren für die extremen Unterschiede auf engem Raum am Montag verantwortlich:  

  1. Das starke Temperaturgefälle mit der Höhe
  2. Der kaum vorhandene Höhenwind

Zu Punkt 1

Dabei hatte sich in der Vorgeschichte dieser Wetterlage sehr kalte Höhenluft aus hohen Breiten über die Nordsee auf dem Weg nach Westdeutschland gemacht. Anhand der Abbildungen sehen wir, dass am Vormittag über dem äußersten Westen NRWs Temperaturen in gut 5,2 km Höhe von teils -38 Grad herrschten. Die Luft in tieferen Luftschichten war nicht so kalt, in gut 1,2 km Höhe lag sie bei etwa -5 Grad. Ein Temperaturwert, bei dem die Niederschläge im Flachland sowohl als Regen als auch als Schnee ankommen können. Dieses große Temperaturgefälle mit der Höhe sorgte für eine labile Schichtung der Atmosphäre. Ähnlich wie ein Luftballon, den man auf dem Boden eines Schwimmbeckens loslassen würde, schießt die feuchte Luft von Bodennähe in große Höhen hinauf. Es bilden sich die hochreichenden Wolken, die man auch von sommerlichen Schauern oder Gewittern kennt. Vereinzelt kam es ja auch am Montag zu Blitzen.

Die Luft kühlt sich stark ab und fällt den langen Weg gen Boden. Dabei kommt es zu Phasenübergängen - von Schnee zu Wasser, von Wasser zu Wasserdampf, oder direkt von Schnee zu Wasserdampf. Jede Art dieser Phasenübergänge braucht Energie, die der Umgebungsluft in Form von Wärme entzogen wird. Das heißt: Der Niederschlag kühlt die Luft ab, sodass er bei kräftigen Schauern als Schnee (oder Graupel) am Boden ankam. Da er bis dahin Temperaturen etwa um null Grad hatte, klebten die Flocken aneinander. Es entstanden die so auffälligen, dicken Flocken (unter Meteorologen gerne Toastbrote genannt).

 

Zu Punkt 2

Gleichzeitig zogen diese Schauer nun nicht rasch über einen Ort hinweg, sondern durch den schwachen Höhenwind verlagerten sie sich nur sehr langsam. Sodass das gesamte im Schauer gespeicherte Wasser in Form von Schnee auf eine sehr kleine Fläche fiel. Dies erklärt auch die großen regionalen Unterschiede zwischen grünen Wiesen und gleichzeitig 20 cm innerhalb von 12 Stunden, so gemeldet am Montagabend vom Flughafen Saarbrücken.

War das Schneechaos vorhersagbar?

Mit diesem Wissen im Hinterkopf lässt sich nun auch erklären, wieso dieses Ereignis eine so große Herausforderung an den Meteorologen darstellt: Zwar kann man aufgrund immer genauerer Modelle und Vorhersagemethoden die Regionen immer besser eingrenzen, in denen derartige Schauer potenziell auftreten könnten. Aber ortsgenau lässt sich ein solches Ereignis nur sehr kurz zuvor prognostizieren, manchmal erst in der Entstehungsgeschichte des Schauers.

Unsere Meteorologen betreiben dann so genanntes Nowcasting, sie verfolgen die Wettermeldungen, Radar- und Satellitenbilder kontinuierlich, um punktgenaue Warnungen an Medien und Winterdienste herausgeben zu können. Aber auch die Streufahrzeuge haben nur begrenzte Möglichkeiten, bei starken Schneefällen die Straßen glättefrei zu halten.