Tornado in Wesel?

Ein heftiges Unwetter zog am gestrigen Freitag durch den Kreis Wesel, es besteht Tornadoverdacht

Das Unwetter dauerte nach Augenzeugenberichten nur 15 Minuten, richtete aber dennoch große Schäden an - am gestrigen Nachmittag wurden in Wesel und Umgebung Bäume umgeknickt und Dachziegel abgedeckt. Möglicherweise wütete hier ein Tornado oder ein so genannter Downburst.

Während dabei die Feuerwehr zu vielen Einsätzen im gesamten Kreis Wesel am Niederrhein ausrücken musste, war die Stadt Wesel selbst am stärksten betroffen. Dort trat das Unwetter etwa gegen 16 Uhr auf. Augenzeugen berichten vom plötzlichen Dunkelwerden des Himmels und von aufkommendem Sturm. 

Vor allem Bäume wurden während des Unwetters umgeknickt, fielen auf Straßen und auf Dächer. Dadurch kam es zu einigen Verkehrsbehinderungen, da auch größere Bundesstraßen gesperrt werden mussten, wie zum Beispiel die B8. Bilder von Betroffenen zeigen das Ausmaß der Schäden.

Tornado?
Sturmböen wurden von keiner umliegenden Wetterstation registriert (Abb. 3), wodurch klar sein dürfte, dass es sich hier um ein sehr kleinräumiges Ereignis gehandelt haben dürfte. Doch was könnte die Ursache sein? In den Medien wird bereits von einer "Windhose" oder einem Tornado gesprochen. Im diesen Verdacht zu untersuchen, werfen wir einen Blick auf die Wetterlage:

Die Gewitter entstanden im Vorfeld des Tiefausläufers Nandor mit Zentrum bei den Britischen Inseln (Abb. 4). Dabei trafen (und treffen) sehr unterschiedliche Luftmassen aufeinander - auf der Vorderseite erreichte zuvor sehr warme Luft subtropischen Ursprungs den Westen Deutschlands, die im Vorfeld des heranrückenden Tiefausläufers zunehmend mit Feuchtigkeit versorgt wurde. Dementsprechend wurden in Nordrhein-Westfalen häufig teils schwüle 33°C erreicht, in Weilerswist sogar 34°C. Damit war genug Energie für kräftige Gewitter vorhanden. Für ein Sturmereignis fehlen dagegen noch dynamische Impulse.

Auch diese waren vorhanden, wenngleich wir es momentan nicht mit einer ausgesprochenen Tornado-Wetterlage zu tun haben. Generell jedoch kamen hier mehrere Faktoren zusammen, die zeitlich nahezu optimal aufeinander abgestimmt waren. So zog am frühen Nachmittag eine so genannte Konvergenz über die BeNeLux-Länder weiter nach Osten. Bei einer bodennahen Konvergenz fließt dabei die Luft zusammen und wird zum Aufsteigen gezwungen (siehe auch Abb. 2). Gleichzeitig nahm die Windscherung, also die Änderung des Windes mit der Höhe, ebenfalls zu. Dies ist für die Bildung eines Tornados eine essenzielle Zutat, da sonst der Aufwindschlauch nicht in Rotation geraten kann. 

Jedoch waren diese Zutaten allein bei der gestrigen Wetterlage noch nicht ausgeprägt genug, um einen Tornadoverdacht zu erhärten. Das Zünglein an der Waage war ein Impuls in der Höhe. Dieser sorgte dafür, dass in der mittleren Troposphäre in rund 5 bis 6 Kilometern Höhe ein Wind-Maximum auftrat. Dieses ist nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen (Abb. 5). Dieses Windmaximum zog zu dem Zeitpunkt der höchsten bodennahen Erwärmung am Nachmittag über Belgien hinweg. So konnte dort das entsprechende Gewitter entstehen, das dann über die Niederlande zum Niederrhein zog. Weitere Sichtungen von Trichterwolken gab es dabei auch aus Winterswijk und Overdinkel, die auf einer Linie mit Wesel liegen.

Tornado oder Downburst?
Doch um weitere Zweifel auszuräumen, müsste man die Schäden genauer begutachten, denn häufig werden Unwetter-Schäden einem Tornado zugeordnet, während es sich in vielen Fällen um einen Downburst gehandelt hat. Dabei handelt es sich um einen Fallwind bei Gewittern, der ebenso große Schäden anrichten kann, aber geradlinig verläuft und nicht rotiert. Häufig ist bei Downbursts dann auch eine größere Fläche betroffen.

Die Unwettergefahr bleibt auch an diesem Wochenende bis zum Montag bestehen, während "Nandor" weiter nach Osten voran kommt. Man sollte jetzt also wieder vermehrt auf die Unwetterwarnungen in der WeatherPro App oder auf wetter24.de achten.