Jahrhundert-Ereignis

Diese Woche werden wohl verbreitet neue Kälterekorde aufgestellt, dazu kommen Schnee und Wind

Was in dieser Woche in Sachen Winterwetter passiert, dürfte wohl vielen besonders im Osten Deutschlands in ihrem Leben noch nie begegnet sein. Uns steht ein extremes Wetterereignis bevor, das in den Wetteraufzeichnungen seinesgleichen sucht.

Extreme Kälte auf dem Weg
Dabei sitzen wir Meteorologen seit Tagen mit staunenden Augen vor dem, was uns die Vorhersagemodelle unter anderem in Sachen Temperatur prognostizieren. Mittlerweile macht sich die ungewöhnliche Kälte auch schon bemerkbar. Zum Beispiel hatte das normalerweise durch den Golfstrom milde Llysdinam in Wales am Sonntagmorgen eine Temperatur von -17°C zu vermelden!

Und wie auch bereits in den letzten Wochen an dieser Stelle berichtet, ist Skandinavien bereits deutlich kälter, als dies sonst im November der Fall ist. Zu sehen ist dies bereits in unserer Weltwetter-Übersicht vom 21. November 2010 am Extremwetterindex des europäischen Vorhersagemodells in der obersten Abbildung.

Mehr und mehr macht sich diese Kälte nun auch über das mittlere Europa her (Abb. 2). Die Hoch- und Tiefdruckverteilung könnte hierfür nicht idealer sein: Ein Hochdruckkomplex mit Namen Uwe liegt derzeit über Island und Skandinavien. Gleichzeitig bewegen sich weiter südlich Tiefdruckgebiete von Südwesteuropa her auf uns zu. In dieser Kombination bekommen wir nun die kältestmögliche Luft, und zwar arktische Festlandsluft an der Ostflanke des Hochs herangeführt, wie wir anhand des Pfeils in Abb. 3 sehen.

Am Beispiel von Berlin sehen wir, wohin dies führt. Ab heute wird die Temperatur mehr oder weniger durchgehend abstürzen auf Werte um -10°C zwischen Mittwoch und der Nacht zum Samstag. In der Ensembleprognose in Abb. 4 sehen wir, dass dieser Temperaturbereich als gesichert gelten kann, da auch bei mehreren Vergleichsrechnungen ähnliche Werte prognostiziert werden.

Kälterekorde!
Allein diesen Temperaturbereich kann man zu Beginn des Monats Dezember nur als absolut extrem bezeichnen. Dies wird deutlich, wenn man sich die Wetteraufzeichnungen der bis 1908 zurückreichenden Messreihe aus Berlin-Dahlem ansieht. Die bisher niedrigsten Höchsttemperaturen im Umfeld um das Datum 01.12. lauten:

  • 28.11.1913: -1,8°C
  • 29.11.2000: -4,4°C
  • 30.11.1953: -4,4°C
  • 01.12.1953: -4,9°C
  • 02.12.1961: -5,8°C
  • 03.12.1979: -5,4°C (= 03.12.1985)

 

Sprich: Die erwartete Höchsttemperatur für Mittwoch und Donnerstag in Berlin untertrifft die bisherigen Tagesrekorde seit 1908 um 4 bis 5 Grad!

Damit darf dieser Kaltluftvorstoß zu Recht die Bezeichnung "Jahrhundertereignis" bekommen. Aber dies ist noch nicht alles:

Blizzard-artige Zustände
An der Grenze zwischen Hoch- und Tiefdruck erkennt man die enge Drängung der Linien gleichen Luftdrucks, also der Isobaren in Abb. 3. Dies bedeutet einen kräftigen Wind. Gleichzeitig transportiert das Tief - wie bereits so oft in letzter Zeit - feuchte Mittelmeerluft nordwärts, die dann auf die kalte Luft trifft und so zu respektablen Schneemengen führen dürfte.

Insgesamt gibt es also besonders im Osten Deutschlands starken Schneefall mit mehreren Zentimetern Neuschnee gepaart mit teils frischem, in Küstennähe auch starkem bis stürmischem Ostwind bei Temperaturen um -10°C, entspricht nach der Siple-Passel-Formel also gefühlten Temperaturen zwischen -25 und -30°C. Dies ist eine höchst brisante Mischung! Es kann zu starken Schneeverwehungen kommen, die einige Straßen unpassierbar machen dürften.

Hinzu kommen bei starkem Schneefall erhebliche Sichtbehinderungen, zum Teil sinkt die Sichtweite auf unter 400 Meter. Für einen Blizzard müsste der Wind dabei zwar noch stärker sein, jedoch sind wir sehr nahe an dem Phänomen eines so genannten White-Outs. Sprich: Bei Schneefall kann es tagsüber durch das diffuse Sonnenlicht so wenig Kontrast-Unterschiede zwischen Himmel und Erde geben, dass man den Horizont nicht mehr wahrnimmt und so seine Orientierung verlieren kann. Dies ist ein Problem besonders im Hochgebirge und in Polargebieten.

Autofahrten vermeiden!
Insgesamt muss man daher jetzt schon für die Nacht zum Donnerstag bis in den frühen Donnerstag hinein warnen, während sich der Schneefall nach Norden bis zur Küste ausweitet.

Durch starken Schneefall und teils starken, im Küstenbereich auch stürmischen Ostwind kann es zu erheblichen Schneeverwehungen kommen, es ist mit sehr schwierigen Verkehrsbehinderungen und entsprechenden Störungen zu rechnen. Planen Sie also deutlich mehr Zeit ein beziehungsweise vermeiden Sie die Nacht zum Donnerstag für Fahrten, falls dies irgendwie möglich ist. Dies gilt besonders für die Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

In den kommenden Stunden und Tagen werden wir die Unwetter-Warnungen weiter konkretisieren, stets aktuell bleiben Sie, wenn Sie auf die entsprechende Unwetter-Seite klicken.